Kompetenzbasiertes Kennenlerngespräch: Der Goldstandard in der Talentauswahl

Kompetenzbasiertes Kennenlerngespräch: Der Goldstandard in der Talentauswahl

Vorwort

Serendipity steht für einen glücklichen Zufall. Und genau das ist passiert, als ich im Sommer am HRBarCamp in Zürich Weiji getroffen habe. Wir sind schon lange vernetzt, aber tatsächlich haben wir dort in einem kurzen Gespräch gemerkt, dass wir zwar in unterschiedlichen Feldern tätig sind und teilweise auch unterschiedliche Begriffe für ähnliche Dinge verwenden, vor allem aber sind wir beide der Meinung, dass Kompetenzen die neue Währung sind. Bei uns im Kompetenzmanagement und bei Ihr in der Rekrutierung.

Als das Weiji dann ein paar Wochen das Thema sogar auf LinkedIn aufgenommen hat, war für mich klar, da muss ein Blogbeitrag für unsere Leserinnen und Leser her.

Vielen Dank Weiji für den spannenden Beitrag! Ich wünsche viel Kurzweil und Inspiration beim lesen!
Andreas Mollet


Dies ist ein Gastbeitrag von Weiji Stocker

Die Qualität unserer Mitarbeitenden bestimmt den Erfolg unseres Unternehmens. Das ist keine neue Erkenntnis. Die Methode, wie wir diese Talente auswählen, ist essenziell für die Qualität der Entscheidungen, die wir treffen. Ich nenne sie bewusst Kompetenzbasierte Kennenlerngespräche (KBK) und nicht Interviews, denn für mich geht es um ein Gespräch auf Augenhöhe. Ein klassisches „Interview“ ist oft einseitig und formal – als wäre es ein Fragespiel ohne echten Dialog. KBK hingegen ermöglichen einen Austausch, der beiden Seiten Raum gibt, sich ehrlich kennenzulernen. Diese Methode hat sich in den letzten Jahren als eine der beliebten Methoden zur Personalauswahl etabliert. Doch warum genau sind sie so effektiv und welche Erkenntnisse stützen diese Methode? In diesem Artikel vertiefe ich die wichtigsten Aspekte und zeige, wie KBK einen echten Mehrwert für die Personalauswahl bieten.

Warum kompetenzbasierte Kennenlerngespräche?

Die Grundidee hinter KBK ist ebenso einfach wie überzeugend: Die besten Indikatoren für die zukünftige Leistung einer Person sind nicht Hypothesen oder blosse Selbsteinschätzungen, sondern konkrete Verhaltensweisen aus der Vergangenheit. Während traditionelle Interviews oft auf standardisierten Fragen und einem intuitiven Abgleich basieren, setzt das kompetenzbasierte Kennenlerngespräch auf strukturierte, anforderungsorientierte Fragen, die die relevanten Schlüsselkompetenzen gezielt erfassen.

Laut einer amerikanischen Studie hat die Validität strukturierter Interviews im Vergleich zu unstrukturierten Interviews signifikant höhere Werte erreicht – und zwar in Bezug auf Treffsicherheit und Vorhersagekraft der künftigen Performance von Kandidat:innen. KBK heben sich hier besonders hervor, da die verwendeten Methoden und Fragetypen eine Vergleichbarkeit und Objektivität ermöglichen, die in herkömmlichen Interviews nicht gegeben sind.

Kompetenzbasiertes Kennenlerngespräch: Der Goldstandard in der Talentauswahl

Die STAR-Methode als Erfolgsfaktor

Ein zentrales Werkzeug bei KBK ist die STAR-Methode (Situation, Task, Action, Result). Diese Struktur gibt dem Interviewenden nicht nur die Möglichkeit, systematisch und nachvollziehbar Fragen zu stellen, sondern sie hilft auch der Person, ihre Antworten zu konkretisieren und auf die wesentlichen Kompetenzen zu fokussieren. Die STAR-Methode stellt sicher, dass sich die Antworten auf die tatsächliche Handlungskompetenz der Person konzentrieren, was eine objektive Bewertung ermöglicht. Durch diese klaren Kriterien lassen sich die Antworten besser und fairer vergleichen, was die Entscheidungsfindung immens erleichtert.

Die Wirkung von kompetenzbasierten Kennenlerngespräche

Eine globale Studie unterstreicht die Wirksamkeit der kompetenzbasierten Interviewführung. So gaben in einer Umfrage 92% der befragten Unternehmen an, dass kompetenzbasierte Verfahren in der Personalauswahl traditionelle Auswahlmethoden wie Lebensläufe oder klassische Interviews übertreffen. Unternehmen berichten von einer signifikanten Verbesserung bei der Passung neuer Mitarbeitender und einer geringeren Fluktuationsrate. Insbesondere jene Kandidaten, die auf Grundlage ihrer Kompetenzen ausgewählt wurden, zeigten eine höhere Zufriedenheit in ihrer Rolle und waren weniger geneigt, das Unternehmen frühzeitig zu verlassen.

Ein besonders markanter Vorteil zeigt sich im Return on Investment (ROI). Unternehmen, die kompetenzbasierte Interviews anwenden, konnten ihre Einstellungskosten um durchschnittlich 74% senken und die Mitarbeiterbindung erhöhen. In einem Umfeld, das durch Fachkräftemangel und hohe Fluktuation geprägt ist, bedeutet dies nicht nur wirtschaftliche Vorteile, sondern auch ein nachhaltigeres Personalmanagement.

Kompetenzen messen und Fehlbesetzungen vermeiden

Ein weiterer Vorteil der kompetenzbasierten Gesprächsführung ist die Möglichkeit, durch gezielte Fragen Fehlbesetzungen zu vermeiden. Jeder Recruiter kennt die Folgen: Eine Fehleinstellung kann hohe Kosten verursachen und das Teamgefüge beeinträchtigen. Durch die gezielte Ausrichtung auf die Schlüsselkompetenzen – seien es technische, soziale oder organisatorische Fähigkeiten – schafft KBK eine verlässliche Basis für die Entscheidung, ob eine Person tatsächlich zur Position und zum Unternehmen passt. Die strukturierte Bewertung schafft Klarheit und minimiert das Risiko, das mit subjektiven Eindrücken oder gar Bauchentscheidungen verbunden ist.

Kompetenzbasiertes Kennenlerngespräch: Der Goldstandard in der Talentauswahl

Die Herausforderung: Konsequente Umsetzung und Vorbereitung

KBK sind nicht ohne Herausforderungen. Eine der häufigsten Hürden liegt in der Vorbereitung: Kompetenzbasierte Interviews verlangen eine genaue Analyse und das Verständnis für die geforderten Kompetenzen der jeweiligen Position. Zudem müssen Interviewende ausreichend geschult sein, um diese Methode effektiv und strukturiert anzuwenden. Die Praxis zeigt, dass ohne eine konsequente Umsetzung die Vorteile von KBK schnell verpuffen. Eine regelmässige Kalibrierung und Schulung sind daher essenziell, um sicherzustellen, dass alle Beteiligten die Methodik korrekt anwenden und die Ergebnisse vergleichbar sind.

Ein weiterer Aspekt ist die Zeitintensität. KBK erfordern eine detaillierte Analyse der Antworten und eine strukturierte Dokumentation, um die Ergebnisse später auswerten und vergleichen zu können. Dieser Aufwand ist jedoch gerechtfertigt, wenn man die langfristigen Vorteile betrachtet.

So funktioniert kompetenzbasierte Kennenlerngespräche in der Praxis

Um KBK effektiv einzusetzen, sind drei zentrale Schritte notwendig:

  1. Definition der Schlüsselkompetenzen: Vor dem Interviewprozess sollte klar definiert sein, welche Kompetenzen für die Position entscheidend sind. Diese Kompetenzen müssen auf die spezifischen Anforderungen abgestimmt sein und als Bewertungskriterien dienen.
  2. Entwicklung spezifischer Fragen: Fragen sollten so formuliert werden, dass sie den Kandidaten oder die Kandidatin anregen, konkrete Beispiele aus der Vergangenheit zu nennen, die seine/ihre Fähigkeiten und Kompetenzen belegen. Die STAR-Methode ist hier ein bewährtes Werkzeug, um die Antworten zu strukturieren und auf den Punkt zu bringen.
  3. Systematische Dokumentation und Bewertung: Die Antworten der Person sollten systematisch festgehalten werden, um später eine fundierte und objektive Bewertung vornehmen zu können. Diese Dokumentation hilft nicht nur bei der finalen Entscheidung, sondern bietet auch eine transparente Grundlage für die Nachvollziehbarkeit und Vergleichbarkeit der Kandidat:innen.

Warum kompetenzbasierte Kennenlerngespräche eine unverzichtbare Methode sind

Kompetenzbasierte Kennenlerngespräche haben sich als effektive Methode zur Personalauswahl etabliert. Sie ermöglichen eine objektive Bewertung der Kandidat:innen und helfen dabei, die besten Talente für spezifische Positionen zu identifizieren. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse belegen, dass KBK in Bezug auf Validität, Zuverlässigkeit und Mitarbeiterbindung herkömmlichen Auswahlmethoden überlegen sind. Sie fördern nicht nur eine präzisere Personalauswahl, sondern bieten auch messbare wirtschaftliche Vorteile.

Dennoch dürfen die Herausforderungen, die mit dieser Methode einhergehen, nicht unterschätzt werden. Um das volle Potenzial der kompetenzbasierten Kennenlerngespräche auszuschöpfen, ist eine sorgfältige Vorbereitung und regelmässige Schulung der Interviewenden notwendig. Wenn Unternehmen jedoch in diese Methode investieren, schaffen sie eine nachhaltige Basis für den langfristigen Erfolg – indem sie die richtigen Talente auswählen und die Basis für eine engagierte und leistungsfähige Belegschaft legen.

„Kompetenzbasierte Kennenlerngespräche sind kein Nice-to-Have mehr – sie sind der Weg zu einer durchdachten und zukunftsorientierten Personalauswahl.“

 


Bildquellen: innov8, Weiji Stocker

Weiji Stocker

Über Weiji Stocker

Weiji Stocker ist Gründerin und Managing Partner der Agentur innov8, spezialisiert auf digitales Recruiting und Branding. Durch gezielte Strategien unterstützt sie Unternehmen dabei, sich als Employer of Choice zu etablieren und ihre digitale Präsenz effektiv auszubauen. Als Workshop Leiterin und offizielle LinkedIn Learning Trainerin schult sie HR-Profis und Führungskräfte in kompetenzbasierten Kennenlerngesprächen und digitalen Rekrutierungsmethoden.

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