Schwächen beheben oder Stärken stärken?

Sollen wir jetzt auf die Stärken fokussieren oder müssen wir die Schwächen angehen? Wenn auch keine philosophische Frage, so wird die Debatte darüber aber fast schon so geführt. Ganze Firmen und Dienstleister die sich eine diesbezügliche Aussage auf die Fahne schreiben, Visionen und Leitbilder die auf Stärken konzentrieren, Kernkompetenzen als reelle USP’s und Schwächen als vernachlässigbare Gegenpole.

Es ist also an  der Zeit ein Thema wieder aufzunehmen, welches ich bereits vor einigen Jahren schon einmal angegangen bin, aber von der Aktualität gar nichts verloren hat. Im Gegenteil sogar „heisser“ denn je ist, wie das GFK und die ZfU in ihrer Studie erwähnen: Die Führungskräfte-Entwicklung ist das HR Hot Topics 2016-2017. Doch bevor eine Entwicklung stattfinden kann, gilt es zu klären, was sinnvollerweise überhaupt zu entwickeln wäre, um das Unternehmen zielgerichtet vorwärts zu bringen.

Gehen wir das Thema und die obige Frage systematisch an und zwar aus Sicht des Unternehmens, dem schlussendlich entscheidenden Treiber für die Unternehmens,- Organisations- und Personalentwicklung. Entscheidend ob wir (bzw. das Unternehmen oder die für die Personalentwicklung zuständigen verantwortlichen Personen) das Augenmerk auf Stärken ausbauen oder die Behebung von Defiziten legen sollten, hängt nicht von der Firmenkultur oder der Philosophie ab.

Vielmehr muss die Funktion oder Stelle different auf ihren hauptsächlichen Fokus betrachtet werden, um so die richtige Entwicklungsstrategie anzuwenden.

Funktionsgerechte Staerken-Schwaechen-Strategie

Nachfolgend 2 Beispiele zur Verdeutlichung:

  • Der zu starke Fokus auf eine stärkenorientierte Entwicklung in eher operativ tätigen Funktionen kann dazu führen, dass der Kunde zwar einen zusätzlichen Mehrwert erhält, dies aber auf Kosten von mangelnder Business Exzellenz nicht oder nicht genügend wahrnimmt. Die Beratung eines Verkäufers ist zwar z.B. sehr mehrwertig individuell und persönlich, aber die Lieferung dann fehler- oder mangelhaft.
  • Ein zu starker Fokus auf die Behebung von Defiziten kann z.B. in der Innovation dazu führen, dass der Fokus auf der Optimierung bestehende Produkte oder Dienstleistungen liegt, so dass die Kundenzufriedenheit zwar hoch ist, aber neue (nötige) Ansätze sehr schwierig zu implementieren sind. Die Defizitorientierung schlägt sich zudem meist auch auf die gelebte Fehler-Kultur durch.

Der Ansatz ist also zu vergleichen mit Motivatoren und Hygienefaktoren von Herzberg. Die Behebung von Schwächen bildet keine direkte zusätzliche Zufriedenheit oder Motivation, verhindert aber Unzufriedenheit, sowohl bei Kunden als auch bei den Mitarbeitenden.  Die Entwicklung von Stärken kann zwar motivieren, aber Unzufriedenheit nicht kompensieren.

Funktionsgerechte Entwicklung

Es ist anzunehmen, dass erfolgreiche Firmen einen gesunden Mix auf beiden Achsen besitzen und die Entwicklungsstrategien bewusst oder unbewusst berücksichtigt werden. Natürlich können die 4 Felder aufgrund der strategischen Ausrichtung unterschiedlich belegt sein, aber keines der 4 Fokusfelder wird vernachlässigt. Das heisst folgerichtig auch, dass es für die Unternehmensentwicklung notwendig ist, sowohl Schwächen zu beheben, als auch Stärken zu stärken, aber jeweils funktionsspezifisch.

Ich bin momentan am Überlegen, ob wir den Gedanken in ein ausformuliertes Modell überführen, welches Unternehmen und Organisationen bei der Zuteilung und der daraus entstehenden Entwicklungsstrategien hilfreich ist. Interessiert? Dann freue ich mich  von Ihnen zu hören. Natürlich sind auch Fragen, Ergänzungen und Kritik jederzeit willkommen.

Mit besten Grüssen
Andreas Mollet

Anmerkung: Benefits und Stärken sind aus meiner Sicht nicht zu verwechseln mit Potenzial, sondern stellen bereits vorhandene, wirkungsorientierte Aspekte, Werte und Kompetenzen dar. 

Als Geschäftsleiter der INOLUTION unterstütze ich Unternehmen darin, die zukünftigen tragfähigen Werte und notwendigen Kompetenzen zu erkennen, zu definieren und sie auf den Weg dorthin zu befähigen. Als Brückenbauer zwischen Theorie und Praxis, Wissenschaft und Praktikabilität und mit der Erfahrung aus weit über 100 erfolgreichen Projekten unterstütze ich von ganzheitlichen Konzepten über praxisorientierte Lösungsimplementierung bis zu situativen Sparrings.

Denn ich bin der Überzeugung, dass das Kompetenz-und Performance-Management sowohl im operativen, als auch im strategischen Bereich das Potenzial noch lange nicht ausgeschöpft hat. Ich nenne das Kompetenz-Management 4.0 - kompetente Mitarbeitende heute, morgen und übermorgen.

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3 Kommentare

  1. Veröffentlicht von Carsten Seiffert am 9. Mai 2016 um 16:45

    Nach dieser Aussage hätte die „Konzentration auf Schwächen“ im Vergleich zur „Konzentration auf Stärken“ die gleiche Gewichtung im Ergebnis, nur die Wirkung zielt in eine andere Richtung. Nach meiner Erfahrung würde ich sagen, dass die gleiche Dosis an Aufmerksamkeit im Bereich der Stärken ein weit höheres Ergebnis erzielt als auf Schwächen. Das Zeit-, Energie- und Geld-Investment ist bei Stärken weit besser aufgehoben.

  2. Veröffentlicht von Andreas Mollet am 16. Februar 2016 um 8:49

    Grüezi Herr Richter

    Besten Dank für Ihren Kommentar. Ja das ist sicher der richtige Ansatz und sollte so natürlich auch für ganze Unternehmen oder Institutionen gelten. Leider erfahre ich in der Praxis aber, dass der Abgleich zwischen unternehmerischen Stärken/Schwächen und den individuellen Stärken/Schwächen zu wenig berücksichtigt bzw. hergestellt wird.

    Dass das Herzberg-Modell zumindest nicht über alle Zweifel erhaben ist, war mir bewusst, aber es ist doch immer noch sehr aktiver Bestandteil von vielen Lehrgängen (was natürlich nichts über die Qualität aussagen muss :-D)

  3. Veröffentlicht von Lars Richter am 13. Februar 2016 um 11:48

    Die Frage wäre doch vielmehr wie man durch eigene Stärken Defizite ausgleichen kann, also wie kann ich meine eigenen Kompetenzen und Stärken erweitern, damit ich das, was ich schon gut kann, auch nutzen kann, um meine Schwächen zu minimieren.

    Das Herzberg-Modell ist im übrigen empirisch widerlegt und gehört meiner bescheidenen Meinung nach in die Mottenkiste.

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