Beurteilung und Entwicklung – geht nicht?!
Nach meinem letzten Blogbeitrag (Schafft die Mitarbeitergespräch ab!), welcher doch recht hohe Wellen schlug (Danke für die vielen Rückmeldungen!) wird es dieses Mal weniger provokativ.
Das Kompetenz-Management hat es als Methode und Instrument (zu Recht) fast schon in jedes Unternehmen geschafft, inkl. zugrunde liegendem Kompetenzmodell, Skill-Matrix oder Kenntnisbibliothek. Doch leider erfahre ich oft, dass zu spät erkannt wird, dass ein Kompetenzmodell nicht nur leben (und natürlich gelebt werden), sondern auch regelmässig bezüglich Erfolgsfaktoren und Herausforderungen angepasst werden muss. Dies gilt besonders dann, wenn Prozesse oder ganze Werthaltungen im Sinne einer Unternehmens- oder Organisationsentwicklung (Cultural Change) angegangen werden.
Damit das Kompetenzmodell die Funktion als Orientierungs- und Ordnungsrahmen wahrnehmen kann, braucht es nämlich eine grundlagende Entscheidung: Soll mein Kompetenzmodell primär zur retrospektiven Beurteilung oder zur zukunftsorientierten Entwicklung dienen? Dieser intrasystemische Konflikt der gleichzeitigen Beurteilung und Förderung führt in der Praxis oft zu zwei unterschiedlichen Arten der Ausgestaltung der Verhaltensanker, je nachdem welcher Ansatzpunkt prioritär im Fokus steht.
Entwicklungsorientierte Modelle
Diese zeichnen sich dadurch aus, dass jede Kompetenz durch mehrere, trennscharfe Anker beschrieben wird, welche unterschiedlich ausgeprägt sein können. Die Hauptaspekte und der Nutzen eines entwicklungsorientierten Modells sind:
- Punktgenaue Analyse von Entwicklungsschwerpunkten
- Funktions- /unternehmensweite Schwerpunkte gezielt eruieren
- Detaillierte Analyse von Defiziten und Ursachen
- Der gewichtigste Nachteil liegt im grösseren Erhebungsaufwand
Ziel ist also, zu analysieren, was noch fehlt um in der Kompetenz vollumfänglich handlungskompetent zu sein. Der grösste Vorteil liegt aber darin, dass die gesammelten Daten für die Organisations- und Personalentwicklung eine verlässliche Basis bilden, in welchen Aspekten für das gesamte Unternehmen Handlungsbedarf (in Relation zur Anforderung) besteht. Beispiel einer ausformulierten Kompetenz in einem entwicklungsorientierten Modell:
Beurteilungsorientierte Modelle
Diese zeichnen sich dadurch aus, dass jede Kompetenz mit einem Anker definiert ist, welcher jedoch mit jeder Anforderungsstufe umfangreicher und komplexer wird. Die Hauptaspekte und der Nutzen eines beurteilungsorientierten Modells sind:
- Definition von Mindestanforderungen an eine Stelle
- Erfüllung dieser Sollanforderungen als Qualitätsmasstab
- Detaillierte Potenziale und Stärken werden nicht erfasst
- Aufgrund der Einfachheit schneller zu verstehen.
Der Fokus liegt also nicht auf den einzelnenen Indikatoren, sondern auf der Gesamterreichung der Kompetenz. Für die individuelle Entwicklung fehlt also der wichtigste Teil, nämlich welche Aspekte noch nicht genügendausgeprägt sind, um die nächste Stufe zu erreichen. Zudem müsste, wenn ein Aspekt nicht gewünscht ausgeprägt ist, die tieferliegende Ausprägung ausgewählt werden, was wiederum als nicht wertschätzend und unfair wahrgenommen werden kann. Auch sind funktions- oder unternehmensweite Analysen kaum sinnvoll und nutzen stiftend. Beispiel einer ausformulierten Kompetenz in einem beurteilungsorientierten Modell:
Je nach Einsatzgebiet muss das Kompetenzmodell also zwei sehr unterschiedliche Anforderungen erfüllen: einerseits eine möglichst objektive Beurteilung ermöglichen, anderseits aber auch Entwicklungsdefizite (Schwächen) und Potenziale (Stärken) aufzeigen, sodass eine gezielte Entwicklung möglich ist. Ach ja, erfolgreiche Kompetenzmodelle können beide Ansprüche vereinen.
Ich freue mich auf den Austausch mit Ihnen, sprechen Sie mich einfach an oder hinterlassen Sie Ihre Meinung, Anmerkungen oder Gedanken.
Beste Grüsse
Andreas Mollet
PS: Nicht verpassen: Am 04.04.17 steht die PersonalSwiss an. Natürlich wieder mit einem hochklassigen Vortrag: Performance Management und Self-Leadership: Die Erfolgsfaktoren für die unternehmerische Leistungsfähigkeit
Als Geschäftsleiter der INOLUTION unterstütze ich Unternehmen darin, die zukünftigen tragfähigen Werte und notwendigen Kompetenzen zu erkennen, zu definieren und sie auf den Weg dorthin zu befähigen. Als Brückenbauer zwischen Theorie und Praxis, Wissenschaft und Praktikabilität und mit der Erfahrung aus weit über 100 erfolgreichen Projekten unterstütze ich von ganzheitlichen Konzepten über praxisorientierte Lösungsimplementierung bis zu situativen Sparrings.
Denn ich bin der Überzeugung, dass das Kompetenz-und Performance-Management sowohl im operativen, als auch im strategischen Bereich das Potenzial noch lange nicht ausgeschöpft hat. Ich nenne das Kompetenz-Management 4.0 - kompetente Mitarbeitende heute, morgen und übermorgen.
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