Die richtige Skala macht es … nicht aus!

Mitte Jahr ist (hoffentlich) meist auch der Zeitpunkt für eine Auslegeordnung bezüglich Entwicklungs- und Zielerreichung.

Bestimmt kennen Sie das aber auch: Anstatt sich über die eigentlichen Inhalte zu unterhalten, wird über die Auslegung der Beurteilungsskala, Bewertungseinstufung oder des Fortschrittes diskutiert. Während manche auf ungerade Skalierungen setzen, wollen andere eine möglichste grosse Spannweite und wieder andere bevorzugen eine simple Ampelbeurteilung mit Rot-Gelb-Grün.

Und genau deshalb möchte ich den Fokus auch gar nicht auf die „richtige“ Skalierung legen (aber vielleicht gerne ein anderes mal), sondern auf die meiner Meinung nach viel wichtigere Komponente, welche meist die Basis für diese Diskussion sind: Die 15 gängigsten Beurteilungsfehler.

Beurteilungsfehler

Das Problem liegt auch darin, dass die Kenntnis über die verschiedenen Beurteilungsfehler nicht vor diesen schützt. Einzig das stetige ins Gedächtnis rufen vor einer Beurteilung bzw. die Reflexion während und nach einer Beurteilung (unabhängig ob Performancebeurteilung, Mitarbeitergespräch, Zielbeurteilung oder Kompetenzeinschätzung) ist wirklich zielführend.

Nachfolgend die bekanntesten und häufigsten Beurteilungsfehler. Machen Sie doch selber den Test, welche Sie schon einmal persönlich erlebt haben:

  1. Halo-Effekt: Beim Halo-Effekt überstrahlt ein besonderes Merkmal oder eine besondere Fähigkeit alle anderen Merkmale der Mitarbeitenden, sodass eine differenzierte Beurteilung unterbleibt. Werden beispielsweise Mitarbeitende als besonders intelligent eingeschätzt, beurteilen Vorgesetzte häufig auch andere Merkmale als positiv.
  1. Kleber-Effekt: Beim Kleber-Effekt können die Beurteilungen in den Vorjahren die aktuelle Beurteilung positiv oder negativ beeinflussen. Wurden Mitarbeitende beispielsweise während längerer Zeit nicht befördert, besteht die Gefahr, dass Beurteilende keine Leistungssteigerungen zuschreiben und entsprechend negativ beurteilen.
    Kleber-effekt
  1. Hierachie-Effekt: Dem Hierachie-Effekt liegt die Tendenz zugrunde, dass Mitarbeitende umso fähiger, leistungsstärker und kompetenter beurteilt werden, je höher diese in der betrieblichen Hierarchie angesiedelt sind.
  1. Lorbeereffekt: Darunter ist ein Beurteilungsfehler zu verstehen, bei dem Beurteilende insbesondere die in der Vergangenheit erreichten „Lorbeeren“ berücksichtigen, ohne dass ein unmittelbarer Bezug zur aktuellen Beurteilung gegeben ist.
  1. Benjamin-Effekt: Beim Benjamin-Effekt wird die Beurteilung durch das Alter sowie die Anzahl Arbeitsjahre beeinflusst. Grundsätzlich werden Mitarbeitende umso strenger beurteilt, je jünger sie sind und je kürzer sie in der Unternehmung arbeiten.
    Benjamin-effekt
  1. Nikolaus-Effekt: Beim Nikolaus-Effekt werden kürzlich beobachtete Leistungs- und Verhaltenskriterien stärker gewichtet als länger zurückliegende. Dieser Effekt kann dazu führen, dass sich Mitarbeitende kurz vor dem Beurteilungstermin besonders anstrengen, um eine bessere Beurteilung zu erhalten. Dieses Verhalten ist vergleichbar mit demjenigen von Kindern, die sich dem Nikolaus zu stellen haben.
  1. Sympathie-/Antipathie-Effekt: Sympathien und Antipathien fliessen immer (unbewusst) in die Beurteilung mit ein. Sympathien und Antipathien dienen häufig als vereinfachende Orientierungsmuster. Da diese im Regelfall weder kontrolliert noch korrigiert werden, können sie eine angemessene Beurteilung erschweren.
    Sym-Antipathie
  1. Pygmalion-Effekt: Die Erwartungen von Vorgesetzten an Mitarbeitende können die Beurteilung positiv wie negativ beeinflussen und eine sich selbst erfüllende Prophezeiung bewirken. Werden als leistungsfähig eingeschätzte Mitarbeitende mit anspruchsvollen Tätigkeiten betraut und erfüllen diese mit gutem Ergebnis, sehen sich die Vorgesetzten in der Einschätzung bestätigt und beurteilt entsprechend positiv.
  1. Milde-/Middle-/Strenge-Effekt: Beim Milde-Effekt (Leniency-Effekt) werden Mitarbeitende in der Regel zu gut beurteilt, um Konflikte zu vermeiden. Beim Strenge-Effekt (Severity-Effekt) erfolgt eine zu negative Beurteilung, weil unerwünschte Konkurrenz vermieden werden soll.  Bei der Tendenz zur Mitte (Middle Tendency) besteht die Tendenz eine mittelmässige Beurteilung abzugeben.
  1. Stereotypen-Effekt: Hiermit ist ein Art “Schubladen-Denken” gemeint: bestimmte Signale veranlassen uns, die Person in eine bestimmte Kategorie einzuordnen.
  1. Rollen-Effekt: Wir haben gewisse Erwartungen an die Rolle einer Person. Wir nehmen nicht die Person, sondern die Rolle dieser Person wahr. Wir erwarten, dass diese Person alle eigenen Erwartungen an diese Gruppe erfüllt.
    Rollen-effekt
  1. Vertrauens-Effekt: Wenn uns jemand beispielsweise als überdurchschnittlich intelligent oder “dumm” geschildert wird, schliessen wir uns dieser Meinung in Abhängigkeit von der Wichtigkeit und Vertrauenswürdigkeit der schildernden Person gern an. Je enger unsere gegenseitige Beziehung, desto eher schliessen wir uns der Beurteilung an.
  1. Similar-to-me-Effekt: Personen, die über Eigenschaften und Verhaltensweisen verfügen, die denen des Beurteilers ähnlich sind, werden tendenziell positiver beurteilt.
    similar-to-me
  1. Kontrast-Effekt: Eigenschaften einer Person, die ungewohnt oder fremd sind, beeinflussen die eigene Beurteilungsfähigkeit. (Fremde Kulturen, andere Gewohnheiten etc.)
  1. Projektionseffekt: Eigene Affekte werden auf das Gegenüber projiziert (man schliesst von sich auf andere: Eine Führungskraft behauptet z.B., es nur mit unsicheren Mitarbeitenden zu tun zu haben).

Doch wie vermeiden Sie nun selber Beurteilungsfehler, bzw. wie können Sie Beurteilende unterstützen diese Stolpersteine zu umgehen?

Fünf einfache Tipps zur Vermeidung von Beurteilungsfehlern:

  • Machen Sie sich die Beurteilungsfehler immer wieder bewusst
  • Trennen Sie Beobachtung/Begründung und Beurteilung
  • Begründen Sie negative und auch positive Beurteilungen
  • Stärken Sie Ihre Selbsterkenntnis (wie urteile ich/wie wirke ich?)
  • Besprechen Sie Ihre Urteile mit anderen

Nun wünsche ich Ihnen inhaltlich-zielführende Gespräche, in welchem Kontext auch immer :-)

Mit sommerlichen Grüssen
Andreas Mollet

Als Geschäftsleiter der INOLUTION unterstütze ich Unternehmen darin, die zukünftigen tragfähigen Werte und notwendigen Kompetenzen zu erkennen, zu definieren und sie auf den Weg dorthin zu befähigen. Als Brückenbauer zwischen Theorie und Praxis, Wissenschaft und Praktikabilität und mit der Erfahrung aus weit über 100 erfolgreichen Projekten unterstütze ich von ganzheitlichen Konzepten über praxisorientierte Lösungsimplementierung bis zu situativen Sparrings.

Denn ich bin der Überzeugung, dass das Kompetenz-und Performance-Management sowohl im operativen, als auch im strategischen Bereich das Potenzial noch lange nicht ausgeschöpft hat. Ich nenne das Kompetenz-Management 4.0 - kompetente Mitarbeitende heute, morgen und übermorgen.

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